Gruppenanalyse in der Kollektiven Selbstverständigung?

Seminar am 20.-22. April 2018 im „freiLand“ Potsdam

Die Kollektive Selbstverständigung (KSV) ist weniger eine Methode, als vielmehr ein Konzept, innerhalb der Kritischen Psychologie nach Holzkamp. Die KSV befasst sich mit dem Verhältnis von individueller und gesellschaftlicher Emanzipation, angesichts der Unmöglichkeit, beides im gegenwärtigen Alltag zu realisieren (vgl. Meretz, 2016 in Streifzüge 67, S.1). „Es heißt, sich im Modus von Begründungen über Widersprüche alltäglicher Lebenspraxis zu verständigen. Eine solche Verständigung ist ein Prozess der Theoriebildung und Praxisreflexion“ (Meretz, 2015[1]).

Holzkamp führt aus:

Selbstverständigung bedeutet vor allem anderen ‚Verständigung mit mir selbst‘ über ein von mir Gemeintes (…): Ich bin darauf aus, etwas, das ich schon ‚irgendwie weiß‘, für mich reflexiv faßbar, das Implizite explizit, das Undeutliche deutlich zu machen (…) Damit ist … potentiell auch der Andere in den Selbstverständigungsprozeß einbezogen, er ist aufgefordert oder es ist ihm anheimgestellt, meinen Versprachlichungsprozeß bei sich nachzuvollziehen, um herauszufinden, ob er damit auch zu größerer Klarheit (…) gelangen vermag. (Holzkamp 1995, 834, zit. n. Meretz, 2015)

Das Seminar „Gruppenanalyse i.d. Kollektiven Selbstverständigung?“ ist eine erfahrungsbetonte Einführung in die Gruppenanalyse. Anhand dieser Einführung können wir herausfinden, ob die Gruppenanalyse (GA) als Methode mit ihrer Theorie für die Kollektive Selbstverständigung (KSV) taugt.

Es ist ein Sprung ins kalte Wasser. Im Seminar werden wir GA ausprobieren, angeleitet von zwei erfahrenen GruppenanalytikerInnen. Die Frage, ob GA sinnvoll für die KSV sein könnte, ist vermutlich erst im Nachhinein zu klären. Daher besteht die Idee alle Teilnehmenden einzuladen, im Anschluss eine Art Reflexion zu schreiben. Diese verschriftlichten Erfahrungsberichte können wir dann gemeinsam – wer möchte – auswerten, um einer formulierten Antwort näher zu kommen.

D.h. im Seminar soll mit einer Einführung in die GA Methodisches ausprobiert und Theoretisches näher gebracht werden, um letztlich mit Kritischer Psychologie reflektiert zu werden.

Um die Seminarfrage(n) zu klären, sind zwei Personen des Berliner Instituts für Gruppenanalyse e.V. eingeladen, um mit uns ein gruppenanalytisches Einführungsseminar zu machen: Katrin Stumptner (Kinder- und Jugendlichen Psychotherapeutin, Musiktherapeutin, Gruppenanalytikerin, Berliner Institut für Gruppenanalyse e.V.) und Stephan Alder (Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapeut, Psychoanalytiker, Gruppenanalytiker, Berliner Institut für Gruppenanalyse e.V.). Sie beide haben schon des Öfteren Seminare zur Gruppenanalyse abgehalten. Sie fungieren dabei jeweils als GruppenleiterIn in einer von zwei Kleingruppen sowie zusammen in der Großgruppe. Sie schreiben:

„Wir möchten Ihnen einen Einblick in die Theorie und Praxis der Gruppenanalyse geben. Gruppenanalyse fördert die Kommunikation und den reflektierenden Umgang mit Gruppen, mit einzelnen Menschen, aber auch mit Organisationen und Kulturen.

Gruppenanalyse findet Anwendung in der stationären und ambulanten Gruppenpsychotherapie, in der Supervision, Organisationsberatung und als Kulturtheorie.

Nach den ersten Schritten von T. Burrow (1875-1950) wurde die Gruppenanalyse in den 1940iger Jahren von S.H. Foulkes (1898-1976) in England entwickelt. Foulkes emigrierte 1933 von Frankfurt a.M. nach London. In Frankfurt war er mit der Frankfurter Schule eng verbunden.

In London traf er auf den Soziologen Norbert Elias, der ebenfalls von Frankfurt a.M. nach London emigriert war und mit seiner Publikation: “Der Prozess der Zivilisation” einen starken Einfluss auf die Gruppenanalyse hatte. Aktuelle wissenschaftliche Entwicklungen aus der Hirnforschung, der Bindungstheorie, der Psychotherapieforschung und den Sozialwissenschaften befördern die Weiterentwicklung.

In unserem dreitägigen Einführungsseminar wollen wir mit Hilfe vorgestellter theoretischer Konzepte und Anteilen von reflektierender Selbsterfahrung in Klein- und mittlerer Großgruppe Gruppenprozesse für die Teilnehmenden transparenter und verständlicher machen.

Wir werden Konzepte wie das Unbewusste, Übertragung, Gegenübertragung, Matrix, Resonanz, Widerstand (Grundannahmen) und Spiegelphänomene miteinander in einem Gruppenprozess erarbeiten. Ebenso soll verdeutlicht werden, wie Gruppen wirken (Wirkfaktoren, Yalom).

Eigene innere Bilder von Gesellschaft, Großgruppe, Kleingruppe und Individuum verbunden mit dem inneren Gegenüber sind dabei bedeutsam. Transgenerationelle und transkulturelle Perspektiven erweitern die Reflexion.

Sie als Interessierte haben sich mit der Kritischen Psychologie beschäftigt. Dabei spielt das Konzept der kollektiven Selbstverständigung eine wichtige Rolle. Wir werden Raum finden, um über mögliche Anwendungen und theoretische Verbindungen zwischen Gruppenanalyse und Kritischer Psychologie beginnend nachzudenken.

Wir als gruppenanalytische Praktiker freuen uns auf diese neue Möglichkeit mit Ihnen einen erfahrungsbezogenen Diskurs zu eröffnen.(Katrin Stumptner & Stephan Alder)

Zu den Daten:

Seminar-Ort: Potsdam im freiLand (Dies befindet sich in der Nähe vom Potsdam Hbf., ca. 7-10 Minuten zu Fuß entfernt.)

Schlafort: gemeinsamer Schlafort ist vorhanden und im Preis mit inbegriffen.

Voraussetzung: Weil das Seminar dazu dienen soll, die Methode der Gruppenanalyse/-selbsterfahrung zu reflektieren – inwiefern sie für die KSV nützlich sein kann – sind Kenntnisse der Kritischen Psychologie vorausgesetzt sowie auch Erfahrungen mit der KSV sinnvoll wären.

Preis: Pro Person wird sich der Geldbetrag um die 150 – max. 200€ bewegen – inklusive Übernachtung und Essen und Co. Dies soll als Richtwert gelten und nicht als Voraussetzung – über solidarische Unterstützungen lässt sich im Vorhinein reden, um eine Teilnahme nicht an die Höhe des Preises zu koppeln.

Die Kosten setzten sich zusammen aus:

  1. 100€ pro Teilnehmende für die beiden GruppenleiterInnen am Wochenende.
  2. 20€ für 2 Seminarräume und die Küche ein Wochenende
  3. 20€ für Lebensmittel – wenn wir 3 Mahlzeiten selbstgemacht zu uns nehmen
  4. …€ für die jeweiligen Anfahrtskosten geteilt durch die Teilnehmendenzahl
  5. 16€ für 2 Übernachtung

Datum: 20. bis 22. April 2018 – Anmeldung mit Name und Emailadresse bis Mitte März an: tilmanalder@gmail.com

Teilnehmer*Innenzahl: Mindestens 15, max. 25 Teilnehmende

 

Mit lieben und einladenden Grüßen

Tilman Wendelin Alder vom Netzwerk für Kollektive Selbstverständigung

 

[1] Theorie und Praxis kollektiver Selbsverständigung – unveröffentlichter Entwurf vom 25.08.2015